(ich bin ein stillleben)

// unbedingt ich bin ein stillleben manchmal denkt man schon mittags, der tag ist gelaufen. im besten fall hat man dann schon vormittags beschlossen sich wieder hinzulegen um das ganze unheil zu verschlafen. alles was ich schmecke ist ein stechender schmerz in meinem rachen. ich frage mich was ich spüre, wahrscheinlich spüre ich gar nichts… es war vor sechzehnjahren, es war neunzehnfünfundneunzig, ich war fünf jahre alt. ich hatte meine finger an den lippen, alles zog nach unten, die augenlider brannten. ist dein zu hause wenn man dich fest an den brüsten hält? ist dein zu hause wenn du mich fest an den brüsten hältst? … mama ist oft sehr traurig, sie trinkt etwas tief rotes (ein schönes rot) aus gläsern die nicht wie die aussehen aus denen ich milch trinke, oder wasser. roter wein, rote lippen. mama mag wein. minuschka streicht mir um die füße, mama oft um den finger, die liegt manchmal auf dem boden und weint. ich weiß dann nie was ich machen soll, davor oder danach ist mamas neuer freund oft da, dann lacht sie, sieht dabei sehr traurig aus, das sieht ihr neuer freund nicht. manchmal schläft mama ein wenn ihr neuer freund noch da ist, ich soll ihn nicht papa nennen, nicht onkel, er heißt c. wenn mama schläft und c da ist fühle ich mich seltsam, er hat mich angeschaut, dann wieder weg. er erinnert mich an einen mann auf einem poster, das mama im wohnzimmer aufgehängt hat - ein grungeprinz mit langem haar - oder an einen förster, er könnte beides sein. er hatte ein weißes unterhemd an und jeans, mama lag am boden, halb auf dem verklebten, alten teppich das weinglas in der hand. c am sofa, er beugte sich nach vorne und nahm eine dunkelgrüne flasche „magst du?“ hat er mich gefragt. ich stand im türrahmen, in meinem kleid, was weiß war, mit einem teddy in den armen - minuschka streifte meine zehen zuvor. ich schaute verschreckt, c sagte ich solle doch ruhig näher kommen, er deutete auf den platz neben ihm auf dem sofa… das kleid schliff am boden, es war nicht mehr ganz weiß, der teddy auch, ich schaute an mir herunter, auf meine zehen, schaute zu mama, schaute zu c und setzte mich. ich bekam ein glas, der rote saft schmeckte eckelhaft - roter wein, rote lippen, aber ich bin doch blass rosa - c lachte als er mir aus der nase spritzte, ich prustete vor eckel, mein kleid war befleckt, c’s hände waren rau, seine haare. er hatte mich auf den schoß genommen, der teddy war zu boden gefallen, lag nun neben mama, c stupste sie mit dem fuß an, sie gab einen seltsamen laut von sich, wachte nicht auf. „mama schläft so viel…“ sagte ich. c sagte „ja“, seine rechte hand ruhte schwer auf meiner schulter seine linke streifte zart über meine blonden haare, über meine glühenden wangen, über mein schlüssenbein… ich wollte zu bett. c traute sich zu viel und ich mich zu wenig. (ich bin ein stillleben)